Die Nachricht, dass zwei Jungs aus Australien heute ihre Unterhosen gewechselt haben, war für mich der Tweet des Tages:
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Schon lange will ich über die beiden bloggen. Cas und Jonesy sind fast 29 Tage lang in den gleichen Unterhosen unterwegs gewesen. In der Antarktis. Haben in diesen 29 Tagen 330 Kilometer zurückgelegt. Und noch 806 Kilometer vor sich – bevor sie den 1.100 Kilometer langen Rückweg antreten können. Und das alles zu Fuß, jeweils 160 Kilogramm schwere Schlitten hinter sich herziehend, bei bis zu -40 Grad Celsius. Erfrierungen an den Fingern holt man sich da schon innerhalb von 30 Sekunden ohne Handschuhe.
Die beiden Freunde aus Kindertagen wollen mit dieser Expedition – “Crossing the Ice” – einen Abenteuer-Weltrekord aufstellen. Ach was, mehrere! Wenn alles gut geht, werden die beiden End-Zwanziger die jüngsten Menschen sein, die jemals den Südpol erreicht haben. Und es wird die erste Reise sein, die jemals zu Fuß und ohne Unterstützung von außen zum Südpol und zurück erfolgreich war. Zwei Neuseeländer starteten 2007 den bisher letzten, fehlgeschlagenen Versuch. Ausgerechnet zwei Australier versuchen sich nun am kältesten Ort der Erde – zu Beginn ihres Trainings konnten sie nicht einmal Ski fahren!
Wie das bei solchen Expeditionen üblich ist, wird alles eingenommene Geld gespendet, in diesem Fall für krebskranke Jugendliche in Australien. Wer möchte, kann einzelne Schritte der beiden mit einer Spende “sponsern”.
“We have to think about death”
James Castrission und Justin Jones müssen zum Erreichen ihres Zieles 2.200 Kilometer durch die Antarktis laufen. Und werden dafür noch bis Januar unterwegs sein – wenn alles gut geht. Schon der erste Monat war vollgepackt mit Strapazen, Wunden, Niederlagen.
Die Jungs leiden unter bösartigen Scheuerwunden an den fiesesten Stellen, Jonesy verliert offenbar Fußnägel, gestern und heute mussten sie komplett ruhend verbringen, um überhaupt wieder Kraft zu haben und ihren Körpern eine Pause zu gönnen… Schlechtes Wetter (a.k.a. Eis-Hölle) hat dazu geführt, dass sie bisher viel langsamer voran gekommen sind als geplant. Es ist keinesfalls sicher, dass diese Expedition gut geht. Cas in dem unten eingebetteten TV-Beitrag zur Frage, ob sie über den Tod nachdenken: “We have to think about death. It’s staring us into the face.”
Ich verfolge die Aktivitäten der beiden seit über einem Jahr. Habe mitbekommen, wie sie monatelang LKW-Reifen schleppend Hügel hinauf gejoggt sind – bis zum Erbrechen angestrengt. Wie sie ihre 160kg-Schlitten gepackt haben. Wie sie sich ihre Fettpolster angefuttert haben, unter anderem durch das tägliche Trinken von Olivenöl. In der Antarktis haben sie bereits vor wenigen Tagen wieder angefangen, die Extra-Kilos wieder zu verlieren.
Social Media unter Extrem-Bedingungen
Cas und Jonesy machen die ganze Expedition für den Internetnutzer erlebbar. Regelmäßig sitze ich an meinem Schreibtisch, fluche über kalte Hände und Füße und kurz darauf sehe ich Fotos und Videos der beiden und fühle mich wie das größte Weichei. Man kann den Jungs ansehen und -hören, unter was für Strapazen sie stehen: auf ihrer Website, ihren Fotos, in den bei You Tube veröffentlichen “Bloggisodes“, bei Facebook, in Audios bei Soundcloud und bei Twitter. Multi- und Social Media unter Extrem-Bedingungen.
Hier eine Kurzversion (Video 1) und ein etwas längerer Fernsehbeitrag über ihr Vorhaben:
Wie man in letzterem Video sehen kann, haben die beiden einiges an Outdoor-Erfahrung auf dem Buckel. Ich habe sie entdeckt, als mir im letzten Jahr ihr Buch “Crossing the Ditch” in Sydney am Flughafen in die Hände gefallen ist. Cas und Jonesy haben 2008 als erste Menschen die Tasmansee, einen der gefährlichsten Meeresabschnitte der Welt (zwischen Australien und Neuseeland), überquert – in einer über zweimonatigen Reise in einem Kajak. Davon handelt das Buch und es ist großartig. Die dazugehörige, liebevoll-alternativ gemachte Dokumentation hat Justin eigenhändig in Sydney in den Briefkasten geworfen, nachdem ich sie bestellt habe.
Die beiden sind zwei sympathische, bodenständige, mutige und querdenkende Abenteurer. Deshalb hab ich sie ein bisschen in mein Herz geschlossen während des letzten Jahres und drücke gespannt auch in den nächsten Wochen weiter die Daumen. Vielleicht mag ja wer mitdrücken.
Ergänzung, 22.07 Uhr:
Wie ich gerade lese und ja auch im obigen TV-Beitrag angedeutet wird, sind Cas und Jonesy nicht die einzigen auf dem Weg zum Südpol. Laut Times Live liefern sich ganze 20 Expeditions-Teams derzeit ein Wettrennen. Hoffentlich kommen alle wieder heile nach Hause.