Meine Eindrücke von der DJV-Tagung “Besser Online” in Bonn

Am Samstag fand im Bonner Post Tower die DJV-Tagung Besser Online statt. Wie schon im letzten Jahr war ich auch dieses Mal dabei. Meine Eindrücke, zusammengefasst in Stichpunkten:

  • Die Auswahl der Panels fand ich zeitgemäß: Welche neuen Öffentlichkeiten entstehen im Lokalen durch Blogs? Welche neuen Erkenntnisse können Zahlen vermitteln? Wie könnte Drohnenjournalismus aussehen? Wie funktioniert multimediales Storytelling? Wie können Journalisten ihr virtuelles Profil schärfen? Das sind alles keine Neuerfindungen des Rades, aber durchaus aktuelle Themen aus der Welt des Redaktions- und Journalistenalltags. Ich hatte das Gefühl, dass weniger über das “Ob” als über das “Wie” diskutiert wurde und das ist durchaus erfreulich in einer Branche, die sich nur langsam und oft widerwillig an “neue” (oder auch nicht mehr neue) Entwicklungen anpasst. Ich habe nicht unbedingt viel Neues gelernt, aber deutlich wahrgenommen, was die Branche bewegt und wie weit oder auch nicht weit sie ist. Und mein Gefühl ist: Sie ist zum Glück weiter als 2012 2011. Immerhin.
  • Im größten Veranstaltungs-Saal gab es eine Twitter-Wall – sehr schön, die habe ich 2011 vermisst. Ebenso war das offizielle Hashtag #djv_bo auf dem Programmflyer aufgedruckt und manche Speaker stellten sich mit ihrem Twitternamen vor. Das ist eine gute Entwicklung. Ich würde mir wünschen, dass die Twitternamen aller bei Twitter aktiven Speaker zukünftig auch im Programm stehen, das hätte einem hier und dort die Suche erspart. Was ich mir noch für 2013 wünsche: Einen Banner zu Besser Online, den ich für eine Ankündigung und den Nachbericht ins Blog einbinden kann.
  • Über allen Themen schwebte die große Frage: “Wie kann man damit Geld verdienen?” Recht häufig schien die Antwort “Paid Content” zu lauten. Christian Lindner, Chefredakteur der Rhein Zeitung, kündigte beispielsweise für 2013 eine Paywall an. Sicher wird sich in Sachen Paid Content in naher Zukunft einiges tun, hierzulande werden mehr Verlage Bezahlmodelle testen. Das dürfte spannend werden.
  • Stichwort Bezahlung: Nach wie vor gilt, dass man Online kaum Geld verdienen kann. Selbst erfolgreiche Lokalblogs haben keine oder nur wenige Einnahmen und betreiben ihre Plattformen mit viel Engagement und Idealismus. Und auch im Panel “Multimediales Storytelling” wurde deutlich, wie wenig Verlage bereit sind, für multimediale Inhalte zu zahlen (und übrigens auch, dass gar nicht klar ist, was genau unter “multimedial” zu verstehen ist). Marko Litzenberg experimentierte mit Webvideos und bekam von der Lokalzeitung für seine Filme (2,5 bis 6 Minuten Länge) ein “Schweinehonorar”  von jeweils 50 Euro. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer über eines: “Multimedia haben wollen alle gerne, dafür bezahlen aber nicht.” Uwe H. Martin zeigte seine beeindruckende und hochwertige Audio-Slideshow “Texas Blues”. Er bindet seine multimedialen Inhalte nach eigener Aussage mittlerweile lieber in die eigene Website ein als sie zu billig an einen Verlag zu verkaufen.
  • Stichwort Verlage vs. freie Journalisten: Mehrmals fragte ich mich im Verlauf des Tages, ob der Druck auf deutsche Verlage vielleicht noch gar nicht groß genug ist, um sie zu Innovation und Abgrenzung von anderen zu motivieren und die zeitgemäße Entwicklung voranzutreiben? Immer wieder kamen bei Besser Online spannende Impulse von freien Journalisten, so zumindest mein Eindruck. Diese haben zwar weniger Mittel und Kapazitäten als Verlage, sind auf der anderen Seite aber auch wesentlich beweglicher und experimentierfreudiger. Es kam mir vor, als gäbe es unter Freien nicht mehr nur Verzweiflung über miese finanzielle Bedingungen, sondern auch eine kreative Bewegung weg von Verlagen und / oder traditionellen Modellen. Ich weiß nicht, ob das nur mein subjektives Empfinden war. Im Gegensatz zum letzten Jahr jedenfalls habe ich durch diese Impulse und entsprechende Äußerungen von Freien die Veranstaltung mit einer gehörigen Portion Motivation verlassen und mich in manchen Punkten auch bestätigt gefühlt.
  • Datenjournalismus war wieder Thema und stieß in diesem Jahr auf mehr Interesse als im Vorjahr. Das Fazit: Daten schaffen Exklusivität, ermöglichen Interaktion, können eigene Geschichten erzählen und eröffnen neue Perspektiven. Marian Steinbach, Mirko Lorenz und Lorenz Matzat stellten diverse Datenprojekte vor, darunter:
  1. Offenes Köln, ein Kartenprojekt von Marian Steinbach. Der Quellcode ist offen und somit auch für andere Städte verfügbar – auch wenn sich bisher niemand getraut hat, wohl wegen des Arbeitsaufwandes. Marian Steinbach betreibt das Projekt alleine – Sponsoren, die das Ganze auf einen eigenen Server stellen, sind willkommen!
  2. Datawrapper, den ich selbst schon einige Male für die Ruhr Nachrichten genutzt habe und der die Datenvisualisierung auch für Anfänger sehr vereinfacht. Der Datawrapper wird derzeit stark weiterentwickelt und ist international schon jetzt heiß begehrt. Mirko Lorenz hat mir vor einiger Zeit viele Tipps und Links, auch für Anfänger, in Sachen Datenjournalismus verraten. Zum Interview geht’s hier entlang.
  3. Lorenz Matzat von Open Data City stellte das Vorzeigeprojekt Zugmonitor der Süddeutschen Zeitung und das Geo-Informationssystem Lokaler vor.
  4. Viele weitere Datenprojekte sind zum Beispiel bei Visual.ly zu finden. Stöbern lohnt sich!

Und zum Abschluss noch ein paar weitere Linktipps:

Stefan Plöchinger zählte in seiner Eröffnungsrede “State of Online 2012” auf, was ihn am aktuellen Onlinejournalismus und der Diskussion darüber stört. Diesen Denkanstoß hat er inzwischen auch schriftlich veröffentlicht.

Carolin Neumann hat für die Digital Media Women einen Beitrag über das Panel zum Drohnenjournalismus geschrieben und auch ein Video dazu gedreht.

Marko Litzenberg hat seine Eindrücke vom Multimedia-Panel, bei dem er selbst auf dem Podium saß, ausführlich niedergeschrieben.

Moritz Meyer hat ebenfalls zu Besser Online gebloggt: “Die Zeit ist reif für Bezahlinhalte”

Bei DRadio Wissen gibt es einen Beitrag zum Thema Finanzierung und Paid Content bei Besser Online.

Die Besser-Online-Website bietet zusammenfassende Eindrücke aus den Panels (leider nicht einzeln verlinkbar) und dort werden außerdem Tweets, Präsentationen und Beiträge der Teilnehmer gesammelt.

5 Kommentare

  1. Ja, so habe ich das auch empfunden. Keine weltbewegenden Erkenntnisse, aber zeitgemäßer Austausch und ein Hauch von Experimentierfreude in der Luft. Gefühlt zumindest. Könnte auch ein Stück weit an mir liegen: Letztes Jahr hab ich mich selbst in meiner Freiberuflichkeit noch anders gefühlt und wahrgenommen als jetzt. Auch eine erfreuliche Entwicklung. :)

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