Es war mein erstes BarCamp, das auch wirklich BarCamp hieß. Über Blogger-Treffen, Twittwoch Ruhr und Videocamp hab ich mich in den letzten Monaten langsam rangetastet an das Thema BarCamp. Und fand mich am Wochenende als Nicht-Nerd auf der Un-Konferenz BarCamp Ruhr 4 wieder.
Ein fast 200 Köpfe starker Haufen Nerds und Geeks traf sich im Essener Unperfekthaus, das von allen Seiten Lob und Begeisterung erntet. Mittlerweile kenne ich mich in diesem Künstlerdorf, Restaurant, Konferenzzentrum, WG-Hotel und-was-nicht-noch-alles sogar einigermaßen aus und hab mich endlich mal nicht auf dem Weg zu Sessions verlaufen.
Weniger gut aus kenne ich mich mit all dem nerdigen und geekingen Kram, den BarCamper üblicherweise so mit sich rumschleppen. Ich bin kein Nerd und weiß auch nicht, ob ich jemals einer sein werde. Statt mit Kabeln, Ladegeräten, Sticks, Laptop, Netbook und Smartphone lief ich mit Mark Twain auf totem Holz in der Tasche durchs Unperfekthaus und kritzelte kurze Notizen mit Bleistift auf die Rückseite einer Postkarte. Kurze, unangenehme Momente, in denen mir der Smalltalk-Stoff ausgeht, muss ich mit Fingerübungen überbrücken, während der gemeine Nerd mal eben was furchtbar Wichtiges bei Twitter nachliest.
BarCamp-Totsünden
Trotzdem: Ich hab selten ein Smartphone mehr vermisst als am vergangenen Wochenende und sobald ich reich bin, muss sich dieses mehr oder weniger Offlinesein, sobald ich unterwegs bin, ändern. Oft hatte ich das Gefühl, nur halb anwesend zu sein. Weil ich alles, was auf der Twitter-Wall passierte, verpassen musste. Weil ich meine eigenen Anmerkungen nicht mal eben in den virtuellen Raum werfen konnte (andere Süchtel ahnen, wie schlimm das ist). Weil ich nicht direkt neuen Menschen folgen konnte, die ich interessant fand.
Meine eigenen Twitter-Accounts waren tot während des BarCamps – sowas wie eine Todsünde und so hab ich das auch empfunden. Zweite Todsünde: All das wunderbare Essen im Unperfekthaus. Der leere Kühlschrank zu Hause hat mir am Sonntagabend einen kleinen Kulturschock versetzt.
Themenschwerpunkt Mobile Apps
Themenschwerpunkt des BarCamps sollten Mobile Apps sein. Was kann jemand wie ich, der drei teure Minuten lang warten muss, bis das Handy die Twitter-Startseite aufgebaut hat, mit so einem Schwerpunkt anfangen? Nix. Das Thema hat mich im Vorfeld auch etwas abgeschreckt. Ein BarCamp wäre aber kein BarCamp, wenn am Ende nicht die Teilnehmer frei entscheiden würden, welche Sessions abgehalten werden. Meine Rettung, denn so gab es auch nicht so technische Themen, die mich wirklich interessiert haben und welche, bei denen ich zumindest ein bisschen was verstanden habe:
SAMSTAG
- Social Media Monitoring (@peate): Das Thema interessiert mich schon seit geraumer Zeit, ich habe aber kaum Ahnung davon. Die Session war sehr fundiert, aber ich konnte für mich wenig daraus mitnehmen. Das war glaube ich eher was für Leute, die beruflich Social Media Monitoring brauchen als für “nur” Neugierige wie mich.
- Wer bin ich? (@jantheofel) Diese Session ist auf kontroverse Reaktionen gestoßen, was mich nicht überrascht. Ich fand die Ausführungen zwar wenig konkret, aber durchaus interessant und vor allem mutig und bewundernswert, etwas so persönliches auf einer solchen Veranstaltung anzubieten.
- Todsünden der Selbstständigkeit (@atalmon): Für mich aktuell spannend. Ein Austausch unter Gleichgesinnten ist immer wertvoll und ich fand vor allem die Erfahrungen von Christina von Poser lehrreich.
- Location Based Services: Davon hab ich leider viel weniger Ahnung, als ich es gerne hätte – auch wenn ich Standort-Meldungen bei Twitter für so ziemlich das Nervigste aller Tweets in meiner Timeline halte. Generell finde ich das Thema wichtig und @kehrseite ist sicher der richtige Freak, um darüber zu berichten. ;)
- Powerpoint-Karaoke: Wat? Davon hatte ich noch nie gehört. Herrlich bescheuerter und alberner Abschluss des Samstages.
SONNTAG
- Selbstständigkeit II – Wie erstelle ich ein Angebot? (@atalmon/@cvonposer) Spannender Erfahrungsaustausch quer durch verschiedene Branchen.
- Community-Manager (@peate): Viel gesuchter, wenig definierter Beruf mit Zukunft und jede Menge noch zu überwindender Hürden und Hindernissen auf allen beteiligten Seiten. Bin neugierig gegenüber diesem Berufsbild und somit dankbar für diese Session.
- Auf einem Windjammer als Arbeistkraft von der Karibik nach Kanada (@TravellingStar): Tolle Fotos, lebendiger Erlebnisbericht, sehr ansprechendes Konzept. Link gemerkt als Urlaubs-Anregung.
- Augmented Reality (@kehrseite): Meine vagen Vorstellungen von diesem Thema etwas erweitert. Unendlich viele denkbare Möglichkeiten, aber ich hatte den Eindruck, dass es sich bei Augmented Realtiy bisher eher um Spielerei für Liebhaber handelt. Da geht noch was.
Fazit:
Ich bin auch zwei Tage danach noch total geflasht. Und ich mach das jetzt öfter. Wie praktisch, dass die re:publica nur noch zwei Wochen entfernt ist. Es war witzig, euch kennengelernt oder wiedergetroffen zu haben. Die Themen waren wesentlich interessanter und vielseitiger als ich befürchtet hatte. Das Unperfekthaus ist nach wie vor großartig. Das Essen war zu gut. Ich brauch verdammt nochmal ein Smartphone, iPad, Laptop oder Netbook. Und Geld.
Und zum Schluss ein herzliches DANKE an Stefan Evertz für die Orga im Vorfeld und vor Ort. Das hat wunderbar gefluppt! :)
Weitere Berichte gibt’s hier. Mehr Fotos im Flickr-Fotostream.
Smartphone, iPad, Laptop oder Netbook und Geld brauchen wir doch alle. Selbst die, die sowas schon haben ;-).
Ich habe mein Laptop übrigens beide Tage mit Absicht im Schrank eingeschlossen gelassen. Ich wollte mehr von Angesicht zu Angesicht kommunizieren und mich bei den Sessions nicht ablenken lassen.
Erst Abends im Hotel habe ich mir dann die Tweets durchgeschaut.
Ok. Ich gestehe. Zwischendurch war ich auch kurz mal mit meinem Handy drin. Aber mit einem N95 kommt man sich so veraltet vor ;-)
Ich musste bis Sonntagabend warten. Das war mir dann doch ein bissl sehr lang, es machten sich gewisse Entzugserscheinungen bemerkbar. Aber ja, bei den Sessions hab ich ebenfalls brav zugehört. o:)